Feen 2: Anai meldet sich

Sonntag, 17. August 2014, 14:45
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Manchmal, für einen kleinen Augenblick, wunderte ich mich, wie jemand wie Shaljel, der älter war als nahezu jedes andere lebende und denkende Wesen auf dieser Welt, so ungeduldig sein konnte. Es waren die Augenblicke, in denen ich zu vergessen schien, wer oder vielmehr was Shaljel war. Verglichen mit den wenigen anderen Feen, die noch lebten, war er geradezu ein Ausbund der Gelassenheit und stillen Meditation. Kein anderer Feen hätte einen Plan entwickeln können, wie er es zusammen mit Estron getan hatte. Sie hätten es wohl nicht einmal versucht, denn selbst wenn ihre Gedanken sich den anderen Völkern zugewandt hätten, ihre Aufmerksamkeit wäre nicht lange genug bei jemand anderem als ihnen selbst geblieben. Aber selbst Shaljel, der in der Lage war, still zu sitzen, anderen zuzuhören und zu beobachten, wäre vermutlich mit seinen Überlegungen bald bei etwas anderem gewesen. Ihm den weisen Keinhäuser zur Seite zu stellen, war nicht viel gewesen, und es hatte mich mehr geschmerzt, als Shaljel es sich vorstellen konnte, ich wusste jedoch, dass der Feen die Hilfe benötigen würde. Denn ich bin zwar alle Götter, aber ich bin nicht allmächtig. Ich verfolgte meinen eigenen Plan. Einen langsamen, weitreichenden Plan, der erst in vielen Jahren Früchte tragen würde, aber dennoch meine Aufmerksamkeit erforderte. Und auch wenn die meisten Priester sich von mir abgewandt hatten, ihre Gedanken und Gebete forderten immer wieder meine Anteilnahme. Ich hörte die vielen Gebete und versuchte sie zu achten, meine Kraft hatte jedoch ihre Grenzen. Ich betrachtete die Welt durch die Augen derjenigen, die glaubten, aber ich konnte nicht überall gleichzeitig meine Blicke hinwenden.

So konnte ich vieles nicht verhindern, von dem was geschah. Oft gelang es mir nur, meinen eigenen und Shaljels Plan zu wahren, nicht aber das Leben aller zu schützen. Mir war bewusst, dass Shaljel die Dinge, die ich Estron und Ohnfeder angetan hatte, nicht gut hieß, nicht gut heißen konnte. Ich selbst hatte lange mit mir gerungen, ob ich dazu das Recht besaß. Am Ende war ich jedoch der Gott aller und durfte nicht nur an den Einzelnen denken. Dennoch werde ich bis an mein Ende hoffen, dass Shaljel mir diese Untaten vergeben konnte.

 


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