Feen 2: Shaljel kommt zurück

Samstag, 13. September 2014, 22:16
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Shaljel brauchte nur an die Tür zu klopfen und schon wurde sie ihm von einem der Hausdiener geöffnet. Er war es gewöhnt, für sich selbst zu sorgen, aber anders als Estron hatte er kein Problem damit, wenn ihm jemand das Leben angenehmer machte. So war es nicht immer gewesen, aber er lebte jetzt lange genug, um verstanden zu haben, dass man auch die angenehmen Dinge annehmen können musste. Und vor allem war er, gemessen an anderen Feen, verrückt genug, dass er diese Lektion auch nicht vergaß.

„Hast du ihn getroffen?“ Estron erschien im Türrahmen des Raums, der derzeit als Speisesaal diente, wohl aber auch für Empfänge und andere Feste verwendet wurde.

Shaljel ging auf ihn zu: „Ja. Ist ein misstrauischer Bursche. Aber wer kann es ihm verdenken.“

„Können sie für uns gefährlich werden?“

„Estron! Ich finde, du könntest ein wenig mehr Mitgefühl haben. Er hat Angst. Ich bin nicht sicher, was er durchgemacht hat, aber er hat noch einen Faden zu einem anderen Magier.“

„Du hast den Faden letztes Mal schon erwähnt, aber was hat es damit auf sich? Wenn ich es richtig verstanden habe, hinterlässt er eine Spur, der andere Magier folgen könnten, aber das tun wir doch alle.“

„Nicht solche. Und ich würde behaupten, dass nur du und ich die meisten anderen verfolgen können.“

„Und was ist an seiner Spur besonderes?“

„Es hängt auch am anderen Ende jemand dran.“

„Weist du wer?“

„Nun, es ist kein Verwandter.“

„Kann jeder mit sowas verbunden sein?“

„Nein, nur zwei Magier seiner Art. Du weißt, die anderen Magier. Die, die die Magie aus sich selbst holen.“

„Diejenigen, die man so selten findet? Ich glaube, dass ich niemals einem begegnet bin.“

„Die Drachen haben alles getan, um sie zu vernichten.“ Shaljel wurde ungewohnt grimmig. „Ich habe versucht, so viele zu retten, wie ich konnte, aber, naja, ich bin alleine und sie sind ziemlich viele.“

„Du bist nicht mehr alleine. Ich glaube, du warst es nie. Aber darum machen wir diese Sache hier ja überhaupt.“ Shaljel nickte und seine Stimmung hellte sich wieder auf, um bei der nächsten Frage gleich wieder finsterer zu werden. „Es gibt also noch einen zweiten dieser Magier? Und sie sind verbunden? Ich frage also noch Mal, auch wenn es herzlos ist: Können sie uns gefährlich werden? Und du weißt, was ich meine.“

„Es sieht so aus, als wenn wir damit rechnen müssen … ich meine, es sieht so aus, als wenn es sein könnte, dass er von einem Magier verfolgt wird.“

Estron nickte stumm.

„Ich habe ihm empfohlen, dass er die Stadt verlassen soll. Und das meine ich ehrlich. Der Verfolger kommt mit jedem Tag näher und wenn sie den Faden nicht durchschneiden, dann kann er gar nicht anders, als sie zu finden.“

„Gut, dass wir jetzt wenigstens vorgewarnt sind. Wir sollten uns wohl von ihm fernhalten.“

„Ja, das wäre vermutlich besser.“ Shaljel bemerkte, dass Estron den unsicheren Ton in seiner Stimme gehört hatte und fügte schnell hinzu: „Außerdem ist er nicht allein.“

„Noch ein Magier?“

„Ja, beziehungsweise eine Magierin. Und außerdem ein Feenling.“

„Ein Feenling? Wirklich? Hier? Und das ist niemandem bisher aufgefallen?“

„Wie es aussieht, nicht. Ich weiß aber nicht, wie sie das angestellt haben. Ich konnte sie nicht sehen. Nur ihre Spur. Weil ich ja sowieso gerade nach seiner geguckt habe. Und dann konnte ich sie auch riechen. Ich weiß nicht, was sie vorhatten, sie hat sich aber irgendwo versteckt.“

„Ich kann mir kaum zwei Dinge vorstellen, die sie vorgehabt haben könnten.“

Shaljel sah Estron mit einem fragenden Blick an.

„Ist es nicht offensichtlich? Du hast den Jungen als das erkannt, was er war. Sie sind auf der Flucht. Sie haben Angst, dass du sie verraten könntest. Sie wollten dich vermutlich töten.“

Der Feen in Menschengestalt sah seinen Freund kritisch an. Er hätte es gerne abgestritten, von der guten Natur, die den Menschen inne wohnte, gesprochen. Aber leider kannte er die Menschen so lange, wie es sie gab, und wenn sie Angst hatten, verhielten sie sich immer noch genauso, wie am ersten Tag: dumm und unvernünftig.


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